Die Punkkultur zählt zu den facettenreichsten Subkulturen der modernen Welt. Gegen die Konformität der breiten Masse setzte sie sich von Beginn an mit einer klaren Haltung ab: Sie widersetzt sich den trivialen Normen, den bedeutungslosen (d.h. übertriebenen) Moralvorstellungen und dem routinierten Leben einer von gesellschaftlichen Erwartungen geprägten Welt.
Vor allem das etablierte Bürgertum reagierte mit Ablehnung. Wer sich nicht in das gewohnte Raster einfügt, wird schnell stigmatisiert. „Arbeitslose Schmarotzer“ – dieses Bild wurde von all jenen verbreitet, die sich nie ernsthaft mit der Punkbewegung auseinandergesetzt haben. Ich erinnere mich noch an Diskussionen aus den 80er Jahren, in denen man diese „Punker“ am liebsten ausgrenzen wollte – oft von Menschen, die kaum mehr als oberflächliche Klischees über die Szene kannten. Doch der wahre Punk hatte wenig mit den Oberflächlichen (und oftmals) falschen-, übertriebenen Darstellungen in den Medien zu tun.
In den 80ern erschufen diese übertriebenen Berichterstattungen ein verzerrtes Bild des Punk – ein Bild, das mit der ursprünglichen Vielfalt und Individualität dieser Subkultur nichts zu tun hat. Viele Menschen schlossen sich der Szene an oder, im schlimmsten Fall, unterwanderten sie. Medien und Bürgertum schufen eine falsche Realität, die sich als Zerrbild entpuppte und gleichzeitig in die Ignorante Anschauung der Springer-Presse passte. Doch was steckt wirklich hinter dem Punk? Was motiviert einen Menschen, Punk zu werden, und wie lebt man als Punk?
Wir haben uns mit Philipp Gottfried – in der Punkszene besser bekannt als Pfnörki – über diese Fragen unterhalten. Sein Leben als Kleinstadtpunk, seine politischen Ansichten und sein Blick auf den aktuellen gesellschaftlichen Zeitgeist bieten uns interessante Einblicke. Philipp lebt nach dem Prinzip des Do It Yourself und ist stets Herr über sein eigenes Leben – ein Lebensweg, der ihn immer wieder zu den Wurzeln seiner Punkidentität zurückführt.
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Übrigens genau der Philipp Gottfried, der das bekannte Label NRT-Records gründete und sich mit seiner professionellen Arbeit einen Namen in der Musikszene erarbeitet hat.
Kalle: Grüß dich, Philipp! Ich danke dir, dass du dir die Zeit nimmst, um mit mir zu plaudern.
Philipp: Hallo Kalle, aber selbstverständlich. Gerade in der aktuellen Zeit finde ich es wichtig, mal über gewisse Dinge zu sprechen und mit einigen Klischees aufzuräumen.
Kalle: Gegenwärtig stehen ja die Bundestagswahlen an …
Philipp: Ich habe ein mulmiges Gefühl … Mehr sage ich dazu nicht.
Kalle: Philipp, wir kennen uns nun schon seit über zehn Jahren. Als Insider weiß ich natürlich, dass du einer dieser bunthaarigen Außenseiter bist. Doch es gibt auch den anderen Philipp – den bürgerlichen, der äußerst professionell in der Musikbranche arbeitet und sich dabei oft verausgabt. Erzähl doch mal. Wie bist du zum Punk gekommen?
Philipp: Ich war wenn ich ehrlich bin, schon immer anders. Ich stand Mitte der 90er mit unter zehn Jahren unglaublich auf den Heavy Metal der 1980er, von Iron Maiden, Accept, Judas Priest, Warlock oder gar Saxon. Dafür verantwortlich ist die Plattensammlung meiner älteren Schwester 😉 (geboren in den frühen 70ern) Mit 10 bekam ich dann die Plattensammlung von einem ihrer besten Freunde geschenkt. Twisted Sister, DIO, etc. Über einhundert LP’s und da drin haben sich auch Punkproduktionen verirrt.
Kalle: So bist du dann quasi zur härteren Musik gekommen…. Deine Liebe zum Metal ist ja ständig so präsent, wie deine Lebenseinstellung: PUNK. Machen wir mal den schwenk dahin, wie fing es an?
Philipp: Das war ungefähr im Jahr 2003 – also vor mittlerweile 22 Jahren. Scheiße, ich werde alt.
Schon als Kind war ich empathisch und konnte es nicht ertragen, wenn Menschen leiden – sei es durch Armut, soziale Ungerechtigkeit, Krieg oder Gewalt. Doch die meisten schienen sich einen Dreck darum zu scheren. Jeder war sich selbst der Nächste – solange du angepasst warst, war alles gut. Aber Hunger, Not und Leid? Interessierte niemanden.
Es ist doch so und heute ist das noch schlimmer als damals in den 2000er Jahren. Die Menschen sind sich derart selbst der Nächste geworden, schauen nicht mehr nach Links und nach Rechts und jeder ist nur auf sich selbst bedacht. Niemand schreitet ein, steht gegen Ungerechtigkeiten auf, es sei denn, der-/ oder Diejenige wird ungerecht behandelt. Stumpfsinn und jeder hält seine, als freie Meinungsäußerung getarnten Abwertungen für Gottgegeben und Heilig….
Irgendwann entdeckte ich einen Punk-Sampler mit Bands wie Toxoplasma, Slime, Dead Kennedys, Circle Jerks, Die Toten Hosen, Ton Steine Scherben, Schleim-Keim … und plötzlich wusste ich: Das ist meine Welt! Diese Musik sprach aus, was ich fühlte – die Wut über Ungerechtigkeit, die Ablehnung von menschenverachtenden Tendenzen, Oberflächlichkeit und Spießbürgertum.
Von da an bewegte ich mich in diesen Subkulturen. Meine Freunde waren die Außenseiter – Punks, Metalheads, Gothics. Hier zählte der Mensch und kein Status. Besonders Punk und Metal sind eng verbunden – beide stehen für Toleranz, Zusammenhalt und Respekt. Und genau das ist es, was für mich zählt. Auch musikalisch geben sich beide Szenen ständig die Klinke in die Hand. Spätestens bei Thrash Metal und allerspätestens bei Motörhead treffen sich Punk und Metal ohnehin.
Kalle: Es gibt ja immer dieses Klischee, dass Punks „nichts aus ihrem Leben machen möchten“.
Philipp: Gibt es das? Falls ja, dann höre ich da gar nicht hin. Menschen neigen dazu, sich vorschnell ein Feindbild zu suchen, wenn sie mit etwas nicht vertraut sind. Mal sind es die Veganer, dann die Feministen oder Linken – die für alle natürlich gleich „linksradikal“ sind (Während Rechte für sich aber beanspruchen ja keine Rechtsextremen zu sein….). Mal trifft es LGBTQ-Personen, und aktuell sind besonders Transmenschen das Hassobjekt der Zeit. Und wenn gerade kein anderes Feindbild greifbar ist, dann eben die vermeintlich „asozialen“ Punks. Diese Muster wiederholen sich immer wieder. Letztendlich sagt das aber mehr über diejenigen aus, die solche Abwertungen verbreiten, als über die Menschen, die sie damit zu diskreditieren versuchen.
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Philipp (Links im Adicts Shirt), Dirk „The Lobster“ Löber (Mitte, Schlagzeug bei Vier Meter Hustensaft) und Rechts Andreas „Andy“ Wagner (Bassist bei Vier Meter Hustensaft, A&R bei NRT-Records)
Kalle: Woher denkst du, kommt der aktuell so raue Ton in der Gesellschaft? Wenn ich mir manche Kommentarspalten auf Facebook anschaue, sehe ich, dass selbst Aktionen gegen Rechtsextremismus mit Lach- oder Wut-Emojis kommentiert werden.
Philipp: Hm … das folgt oft dem Motto: „Ich bin ja kein Nazi, aber …“ und sobald jemand klarstellt, dass Rechtsextreme eben genau das sind, was sie sind, nämlich gefährliche Ideologen, wird sofort empört und abwertend reagiert (Diese Leute behaupten dann noch, dass sie keine Nazis seien). Manche Menschen scheinen nicht sonderlich empfänglich für geschichtliches Wissen oder kritisches und differenziertes Denken zu sein, geschweige denn Empathie zu kennen. Und genau diese Haltung erinnert an ein altes Muster: Im Dritten Reich liefen viele bereitwillig mit, aber als es vorbei war, wollte plötzlich niemand mehr etwas damit zu tun gehabt haben.
Besonders absurd finde ich die immer wiederkehrende Behauptung, die Nazis im Dritten Reich seien „links“ gewesen. Aha … und warum waren es dann unter anderem Liberale, Kommunisten und Gewerkschafter, die mit als Erste in den Konzentrationslagern verschwanden? Das ergibt schlichtweg keinen Sinn. Manche Menschen würde ich manchmal am liebsten mit einem Geschichtsbuch und einem Psychologieratgeber verprügeln.
Spricht man Leute dann an und Fragt: Seid ihr etwa Nazis oder warum reagiert ihr mit Hohn und Spott, psychologischer Gewalt und Repression auf einen Post gegen Nazis? Versuchen diese Intelligenzamöben das damit zu rechtfertigen, dass heute alles als Nazi bezeichnet werden würde, was eine andere Meinung hat…. Blödsinn! Wenn du dich wie ein Nazi äußerst, stellst du dich selbst in diese Ecke – PUNKT!
Wenn es um die Lachsmileyidioten gibt, die für sich selbst immer skandieren verfechter der Meinungsfreiheit zu sagen: Dumme Menschen und jene mit einem Hirnschaden können nicht aufhören (alles) (weg)zulachen…..
Kalle: Früher war der gesellschaftliche Konsens doch klar: „Nie wieder Drittes Reich“ – und Rechtsextreme waren Außenseiter, mit denen niemand etwas zu tun haben wollte. Was denkst du, hat „Diesel-Dieter“ und „Sprit-Sabine“ dazu gebracht, plötzlich auf Kuschelkurs mit solchen Ideologien zu gehen?
Philipp: Ich möchte mit dieser Antwort sicher niemanden in Schutz nehmen, oder verteidigen. Aber bleiben wir mal realistisch: Die Corona-Pandemie hat eine Menge von uns abverlangt. Die Lockdowns, die (in manchen Punkten durchaus sinnvollen Maßnahmen) etc. Die Menschen wurden einfach müde, das Klima- die Stimmung rauer…. Sollte man das am Ende die Nachwehen der Coronapandemie nennen? Ich weiß nur, dass auch Existenzen bedroht wurden. Doch was wir jetzt erleben, ist einfach übel…. Überspitzt dargestellt würde ich sagen: Man fasst kein zweites Mal auf die heiße Herdplatte, aber das dritte Reich, wollen sie unbedingt nochmal ausprobieren….
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Kalle: Realitäten werden verschwommen und Heute behaupten diese neu Rechtsextremen, ihre Gegner seien die neuen Faschisten….
Philipp: Ein Faschist ist jemand, der sich entsprechend äußert, der alles und jeden abwertet. Natürlich ist es übertrieben, jeden Konservativen sofort als Nazi abzustempeln. Viel amüsanter finde ich jedoch, dass Sie sich jetzt wie ein trotzendes Kind verhalten und mit einem „Selber Faschist mimimi…“ kontern.
Wenn ich es verurteile, dass Sie Minderheiten abwerten, ihnen ihre Rechte, ihr Leben oder ihre Liebe verbieten wollen und sich somit faschistisch verhalten, dann sind Sie ein Faschist. PUNKT! Da hilft auch kein Ausweichen mit Sprüchen wie „Der neue Faschismus wird sagen, er sei der Antifaschismus“ – denn genau diese Aussage beschreibt Sie dann am besten.
Noch absurder finde ich diejenigen, die große Parolen schwingen, aber nicht den Mut haben, zu dem zu stehen, was sie wirklich sind. Steh doch wenigstens dazu! Der FÖHHHHRER hätte mit solchen Parteigängern jedenfalls keinen einzigen Feldzug bestreiten können.
Und dann gibt es noch die Jugendlichen, die keine Ahnung haben, was sie da eigentlich tun, aber dennoch mit Frakturschrift und schwarz-weiß-roter Fahne bei „Gegendemos“ zum CSD herumlaufen. Dabei war genau die Frakturschrift im Dritten Reich verpönt, später verboten und wurden von ihrem geliebten FÖHHHHRER selbst als „Judenletten“ bezeichnet. Aber trotzdem wünschen sie ihm – obwohl an ihm längst nichts mehr heil ist – immer noch „Heil“.
Kalle: CSD ist ein Stichwort: Ich sehe Menschen sich zum Beispiel auch über Regenbögen aufregen….
Philipp: Viele fühlen sich von dem „Woke-Hype“ überrollt, weil überall Regenbogenflaggen auftauchen. Ich kann das Ansprechen – ich gehöre selbst dazu. Früher stand der Regenbogen für den Kampf gegen echten Schwulenhass und Lesbenhass, heute wirkt es oft wie Anbiederung.
Mir hätte es gereicht, wenn schlichtweg fundierte Aufklärung betrieben worden wäre: Kindern zu vermitteln, dass Schwule und Lesben einfach lieben wie alle anderen – und dass Homosexualität keine Krankheit ist. Das wurde schon 1973 von der American Psychiatric Association und 1990 letztmals von der WHO wissenschaftlich bestätigt. Doch „Diesel-Dieter“ und „Sprit-Sabine“ verbreiten bis heute das Gegenteil und beleidigen Schwule in sozialen Medien – und wundern sich dann, dass das Thema omnipräsent ist und die Politik versucht für diese Aufklärung zu sorgen.
Ironischerweise sind ihre Reaktionen und handeln selbst der Grund dafür. Wokeness ist eine Reaktion auf jahrzehntelange Ignoranz. Man wollte nie akzeptieren, dass Klaus und Ben oder Heike und Jana sich lieben, ohne Anfeindungen. Jetzt übernimmt die Politik die Aufklärung, weil diese Leute lieber Lügen streuen – mein Favorit: die absurde Aids-Lüge und alle schwule sind Krank, wenngleich die Wissenschaft mehrmals das Gegenteil bewiesen hat. Lustig nur, dass sie in ihren eigenen infantilen Memebildchen selbst den Regenbogen nutzen… diese Logik.
Kalle: Doch was bedeutet es eigentlich WOKE zu sein?
Philipp: Das ist ja der Witz…. WOKE zu sein bedeutet einfach auf SOZIALER UNGERECHTIGKEIT aufmerksam zu machen – Nach der Definition bin ich WOKE und Verdammt stolz drauf. Und das wird kritisiert von Menschen, die selbst die ganze Zeit rumjammern, wie unfair doch alles ist. Ja sehr unfair, dass Rassismus, Sexismus, Schwulenhass, Transfeindlichkeit verurteilt wird…. (Ironie Aus)
Kalle: Ist Punk Woke?
Philipp: Nach meinem Verständnis – und dem meiner Freunde – würde ich sagen: Jein. Punk war und ist eine Bewegung, die sich gegen soziale Ungerechtigkeit, Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Transfeindlichkeit und religiösen Fundamentalismus stellt. Nicht, weil es gerade „in“ ist, sondern weil es immer um Freiheit, Gleichheit und Selbstbestimmung ging. Punk war schon woke, bevor es den Begriff überhaupt gab – aber eben auf seine eigene, ungezähmte Weise.
Punk bedeutet, sich nicht bevormunden zu lassen, sondern selbst zu denken. Es geht darum, Missstände aufzuzeigen, Autoritäten zu hinterfragen und sich nicht in ein System pressen zu lassen, das Menschen nach Herkunft, Geschlecht oder Lebensweise bewertet. Es ist eine Haltung, die für viele unbequem ist, weil sie fordert, über den Tellerrand zu blicken.
Natürlich gibt es Menschen wie Spießbürger Günther und Hausfrau Helge, die sich lieber von Schlagzeilen leiten lassen, die ihre vorgefertigten Meinungen bestätigen. Wenn es ihnen passt, ist es die Wahrheit – wenn nicht, ist es plötzlich „Lügenpresse“. Genau diese kognitive Dissonanz hat der Punk schon immer entlarvt. Punk bedeutet, die Dinge zu hinterfragen, selbst nachzudenken und vor allem: sich nicht zum Schweigen bringen zu lassen, seinen eigenen Weg zu gehen.
Kalle: Ihr habt immer ein provokantes Aussehen gehabt. Sehe ich den Philipp von 2007 und den Philipp heute. Sehe ich immernoch einen Punk…. Nur, dass der andere Punk eben Älter aussieht, aber gemäßigter. Willst du mit deinem Aussehen noch Schocken?
Philipp: Schocken? Na hörmal, kann man das heutzutage damit noch? Ich glaube im Jahr 2025 würde es eher schocken, wenn ich einen Pullunder, ne Hornbrille und einen Popperscheitel tragen würde. Nein. Ich will und wollte anders sein, pfeife auf die Müde Ästhetik des Spießbürgertums und möchte einfach nur zeigen, ich bin Anders als du und stehe dazu. Die Bunten Haare, der Iro (oder andere unkonventionellen Frisuren), die Nieten, die selbstgestalteten Klamotten eben, sie bezeichnen etwas, was soviel bedeutet wie: Ich BIN ich! Und kein Klon, Zombie und keine Kopie. Einfach stolz darauf ein Individuum zu sein. Und ebenso will ich nicht aussehen wie ein 0815-Punk, deshalb trug ich Jahrelang auch keinen Irokesenschnitt. PUNKT
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Kalle: Was bezeichnet die Panzerkette um deinen Hals z.B.?
Philipp: Die bezeichnet die Ketten, in die sich die Gesellschaft freiwillig legt und es nicht einmal merkt, weil sich die Menschen nicht frei entfalten möchten oder können, weil viel zu viel Angst herrscht, was der andere von einem Denken könnte, z.B. ohne dass diese Bürger es selbst realisieren.
Kalle: Auf einem der Bilder hast du eine bunte, riesige Irokesenpeitsche…. Eine Provokation gegen deine Eltern in Teenagertagen?
Philipp: Das hatte nie etwas mit Mama und Papa zu tun, sondern vielmehr mit der generellen Empathielosigkeit vieler Menschen. Die gleichen Leute, die sich über Oberflächlichkeiten aufregen und einem Idealbild hinterherrennen, wissen oft nicht einmal mehr, wie ihr Nachbar drei Häuser weiter heißt – vielleicht ein einsamer Mensch, der einfach nur Gesellschaft bräuchte.
Es ist ja in dieser Gesellschaft so, bist du nur ein bisschen anders, und / oder hast körperliche Unzulänglichkeiten, bist du das gefundene Fressen, damit man dich als Sündenbock missbrauchen kann, und zwar von Klein auf…. Ich kann ein Lied davon singen….
Meine Eltern? Als ich mit 14 mit meinem ersten Irokesenschnitt nach Hause kam, waren sie total entsetzt. Mein Vater ist regelrecht ausgerastet. Er ist auch einer jener, die Punk nur aus der Bildzeitung der 80er kannte… Gespräche mit Altpunks haben mir gezeigt was bspw. In Hannover ’84 wirklich los war, Schlachten mit Faschos, Punks wehrten sich und ließen sich das nur nicht gefallen und was die Medien draus machten… Aber mit der Zeit hat er verstanden, dass es bei mir um mehr geht als nur um eine rebellische Phase (sie brachten mir sogar bei einem ihrer Besuche 2014 Punkklamotten mit, die sie im Urlaub gekauft haben),. Und genau da liegt das Problem: Vorurteile und Klischees haben dazu geführt, dass Punk in Deutschland bis heute stigmatisiert ist.
In vielen anderen Ländern ist das längst kein Thema mehr. In den USA oder England sieht man tätowierte Menschen von Kopf bis Fuß in gehobenen Restaurants arbeiten, genau wie Leute mit bunten Haaren – und niemanden stört es. Doch hierzulande wird immer noch viel zu oft über Äußerlichkeiten geurteilt, anstatt den Menschen dahinter zu sehen.
Kalle: Aber wie lebt ein Punk? Alle arbeitslos? Haste ma‘ ne Mark?
Philipp: Ich liebe Klischees *grinst* Punks können in Bauwagensiedlungen, sogenannten Wagenburgen, leben – sie können aber ebenso studieren, Bürojobs ausüben oder in sozialen Berufen tätig sein, oder eine eigene Firma haben ;). Einer meiner Freunde, Martin Oertel – genannt Otte von Blattturbo, ist beispielsweise Pädagoge / Erzieher. Einer meiner besten Freunde und Mitarbeiter bei NRT-Records, Andreas „Andy“ Wagner, ist ebenfalls berufstätig. Mit seiner Band Vier Meter Hustensaft, die bei meinem Label unter Vertrag steht, spielt er zudem erfolgreich Konzerte. Darüber hinaus ist er Vater von zwei Kindern und Stiefvater von zwei weiteren. Einer von seinen Jungs, so ein lieber Knirps, hat sich mit meinem Mann über Fortnite unterhalten und ihm und mir eine Marshmallowstange geschenkt.
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Eine weitere Freundin von mir, ist Mutter eines Jungen, der die fleischgewordene Glückseeligkeit ist. Als es mir einmal kotzübel ging, hat sie sich geärgert, dass es ihr gerade nicht möglich war, mir Sauerkraut und Kassler vorbeizubringen. Ihren Kindern fehlt es an nichts, sie sehen “““normal“““ aus und Diese Freunde fänden nichts geiler, als wenn ihre Kinder mit 13 Jahren mit einem bunten Irokesenkamm nachhause kämen. Aber sie sagen, dass sollen ihre Kinder selbst entscheiden…. Die Kinder sehen „Normal“ aus, bekommen die gleiche Liebe und auch die gleiche Disziplin, wie in jeder ““normalen““ Familie. Sie haben ihre Kinder nie geschlagen, aber bspw. Die Playstation weggenommen, das stromkabel dann weggeschlossen etc.
In Lübeck gibt es sogar einen Punk, der als Schulleiter tätig ist und sein Büro mit Punkklamotten und grellgefärbten Haaren betritt. Das zeigt: Punk ist in erster Linie eine Haltung – Protest, aber auch die Freiheit, das eigene Leben nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Ob als Straßenkünstler, in einer festen Anstellung oder mit einem eigenen Unternehmen – entscheidend ist, dass man seinen Weg selbstbestimmt geht.
Dann gibt es sogar Punks die zwar in der Bauwagensiedlung leben, natürlich arbeiten gehen, ABER: sogar Firmen leiten. Ein alter Freund von mir (R.I.P) hat eine Gerüstbaufirma aus seinem Bauwagen in Köln geleitet.
In diesem Sinne: Prost auf die Freiheit, das eigene Leben zu leben! 🍻
Kalle: Manche behaupten ja gleich: Ihhhh wie sieht der denn aus und der ist nicht Normal!
Philipp: Ich bin nicht „Normal“ – Normal kommt von Norm im Sinne von „genormt“ und Normen sind scheiße!…. Nein jetzt mal im Ernst: Beurteile mich nach meinem Verhalten, danach, wie ich dich behandle, und mach dir ein Bild von meinem Charakter. Wenn du mich stattdessen auf mein Äußeres reduzierst, nur weil es nicht in dein fast schon latent-faschistisches Spießbürgertum passt – bitte, dann ist für dich wohl alles in Ordnung in der Welt und du hast keine wahren Probleme. Ich mache mein Ding und kümmere mich nicht darum, was andere denken. Wer mich nur nach meinem Aussehen bewertet und mich als Mensch danach einordnet, mit dem möchte ich ohnehin nichts zu tun haben.
Kalle: Also geht es dir gar nicht darum, Leute um jeden Preis zu provozieren?
Philipp: Jein – Punk war für mich nie ein Mittel, um Menschen anzuekeln oder um jeden Preis zu reizen. Jeder soll nach seiner eigenen Fasson leben. Wenn jemand mit einer spießigen Gelfrisur als Banker herumläuft – bitte, das ist mir egal. Solange du mir gegenüber korrekt bist, bin ich es auch zu dir.
Kalle: Sondern?
Philipp: Nochmal: Anders sein, mich abgrenzen und wie oben kommuniziert, die Leute zum Nachdenken anzuregen: Heutzutage schockiert man eher mit einem Büchereiausweis…. Abgrenzen und mich selbst in meiner Haut wohlfühlen ist aber immer noch mega-Bären-Körper-geil
Kalle: Jeder soll sein Leben so leben wie er möchte, wenn jemand jetzt z.B. total spießig rüberkommt?
Philipp: Dazu sage ich: Am Ende ist auch er / sie nur ein Mensch. Manche Punks verhalten sich im Grunde genauso konservativ und spießig, wie das, was sie eigentlich vorgeben zu bekämpfen. Sie sind ebenfalls konformistisch – und genau das ist das Paradoxe daran.
Leb dein Leben, wie du es willst. Behandle mich so, wie du selbst behandelt werden möchtest. Und vor allem: Reduziere mich nicht auf einzelne Attribute – dann ist alles schick! Bei mir hört es bei sämtlichen Menschenverachtenden Ansichten auf….
Kalle: Sind Punks Gewaltbereit?
Phillipp: Ja, sehr Gewaltbereit *bewirft dich mit Wattebäuschen* – Scherz beiseite. Von selbst aus greifen die wenigsten Punks zur Gewalt, doch wenn es nicht anders geht, und oft eigentlich nur um zurückzuschlagen, können natürlich Stiefel und Fäuste fliegen, das Subjekt der Aggressionen hat es aber darauf angelegt, will es wissen und bettelt förmlich darum. Ich bin Pazifist, ich habe mich nie gerne geprügelt, das steht im starken Kontrast zu meinen Überzeugungen, sondern immer versucht durch Gespräche an mein Gegenüber heranzukommen, was bringt es mir jemandem Gewalt anzutun? Wenn ich dazu greifen muss um meine Ehre zu verteidigen, dann hat das nichts mehr mit Freiheit zu tun, sondern ist Unterdrückung eine Unterdrückung der billigsten, primitivsten Form und das ist wenn man es so will armselig.
Kalle: Wie oft Konsumierst du?
Philipp: Ich konsumiere gar nicht. Ich rauche meine 5 bis 10 Zigaretten am Tag, trinke meinen Kaffee und Dampfe an meinem USB-Stick…. Trinke seit meinem 18. Lebensjahr keinen Alkohol mehr, höchstens mal ein Bier zum Genuss, habe nur Sex mit ein und demselben Mann seit 13,5 Jahren und bin natürlich frei von Marihuana und weiteren gar harten Drogen. Ich habe besseres zu tun als mir die Birne kaputt zu machen. Ich will mein eigener Herr sein und mich nicht zum Sklaven von Opiaten und anderen Substanzen machen.
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Kalle: Wie siehst du Punks die sich an Bahnhöfen oder in Innenstätten besaufen:
Philipp: Einerseits wirkt es wie eine bizarre Kunstperformance auf die Leute dann empört die Nase rümpfen, während ihnen das Leid und die wahren Probleme der Welt dann am Arsch vorbeigehen, da die Ignoranz dann wieder greift…. Leute, die die Nase rümpfen, während sie sich zu Hause selbst Whisky, Bier oder Rotwein hinter die Binse kippen, als gäbe es kein Morgen. Eine typische Doppelmoral der Spießbürgergesellschaft, wenn man mich fragt.
Mich persönlich stört es nicht. Wer exzessiv trinken will – bitte, jedem das Seine. Für manche Punks ist das wiederum kein Punk, aber darüber verschwende ich keine Gedanken. Menschen mit ihrem ständigen Schubladendenken empfehle ich einfach mal, Straight Edge zu googeln.
“Punks“ die schnorren, obwohl sie es gar nicht nötig haben, weil sie Kohle haben, nur um einen auf obertrue zu machen, nehme ich nicht für voll und sind für mich ein Problem. Sie haben es nicht nötig und spucken jedem obdachlosen damit in die Fresse. Wenn es um Alkohol und derartiges geht, frage ich mich: Wollt ihr schocken, oder dass man euch bedauert?. Ich glaube ihr erreicht damit letzteres….
Kalle: Woher kommt der Spitzname Pfnörki?
Philipp: Mein Punkername, den bekam ich 2009 von Freiburger Altpunks
Kalle: Punk steht oft für DIY und Unabhängigkeit – wie beeinflusst das deine Arbeit als Labelbetreiber?
Philipp: Wenn man es so will lebt NRT-Records den DIY Spirit in einem gerwissen Maße. Wir vereinen natürlich den kommerziellen Weg mit dem Underground-weg. Ich sehe mich eher als den verlängerten Arm der Künstler als ihr nicht musikalisches Bandmitglied. Ich bin nicht in dem Sinne der Herr der Künstler, sondern habe liebevoll den Spitznamen „Papa-Bär“ daraus geleitet „Bär im Punkpelz“
Kalle: Hast du jemals Konflikte zwischen Punk-Idealen und wirtschaftlichen Realitäten erlebt?
Philipp: Häufiger als du denkst, das kannst du mir glauben, so sehr dass ich oft am liebsten Dinge kaputt machen möchte…. Übrigens regen sich darüber alle Bürger in diesem Land auf…. Aber man arrangiert sich. Punk bedeutet zu tun was du willst und ich wollte ein Label für die Subkultur gründnen: Metal, Punk, Goth – The Kids are united!
Kalle: Hast du dich bewusst für einen bestimmten Punkstil entschieden?
Nein denn ich halte von „Diversen Punkkleidungsstilen“ nichts. Ein Punk ist ein Punk egal wie er sich Anzieht, welche Frisur er trägt, oder welche Musik er hört im „Subgenre“. Ich habe oft mit den Klischees gespielt und trug eine ganze Zeit lang unter einem langen Irokesenschnitt Skateboardschuhe und Baggy Pants. Wenn mich jemand von den Mode“Punks“ drauf angesprochen habe, sagte ich: Die hab ich geklaut von ner Hüpfdole ….. Zack war Ruhe (Ein Punk der aussah wie Wattie Buchanan von Wish.de) Außerdem konnte man mir damit nicht wirklich in die Eier Treten, da bei diesen Hosen der Schritt ziemlich tief sitzt ;).
Kalle: Wobei wir wieder bei dem Thema der Spießigkeit der Punkszene wären….
Philipp: Gab genug davon… Selbst jene, die einst lautstark „Für immer PUNK!111!11einsdrölf“ gebrüllt haben, fallen heute auf die Polemiken von dem Klapperstorch und der Quotenlesbe aufgrund der Schandaten und Gräueltaten von Fundamentalisten-Terrorfaschisten rein – da würde selbst der Föhrrrrrer feuchte Träume kriegen. Dabei haben wir (Punks) religiösen Fundamentalismus schon immer abgelehnt – dafür muss ich nicht rechts und schon gar nicht rechtsextrem werden.
Aber klar, auch ich durfte mir anhören, was für ein Poser ich doch sei – nur weil ich mal keinen Iro oder keine Lederjacke getragen habe. Solche dämlichen Sprüche wie: „An uns kommst du (optisch) eh nicht ran…“ – süß, nicht wahr? Spießiger als die, die sie eigentlich bekämpfen wollen….
Kalle: Das Gegenteil ist doch eigentlich der Fall und ich wette viele dieser Leute haben dann sich mit der Scheinwelt arrangiert, was?
Tja, mich gibt es noch. Ich habe immer mein eigenes Ding durchgezogen. Du hingegen bist der Scheinwelt und ihrer Manipulation erlegen und schämst dich heute für deine Vergangenheit…. Mich hat es immer wieder in die Subkultur gezogen. Vielleicht auch weil diverse Ereignisse in jüngster Vergangenheit mir endgültig gezeigt haben, in meinem Leben keine faulen Kompromisse mehr einzugehen….Einer meiner besten Freunde ist Punk für den würde ich meine Hand ins Feuer legen. Wir verstanden uns auf Anhieb und der eine würde dem anderen sofort den Rücken freihalten…. Fühle mich einfach in diesen Kreisen, wie auch in der Metal- und Gothszene wohler.
Wenn ich eine Punkfrisur trage dann weil ich bock drauf habe, weil ich nach außen tragen will, wie ich mich fühle und mich auch heute noch abgrenzen will. Das heißt aber nicht, dass ich mir jeden Tag den Iro mit Haarkamm, Haarspray und Föhn hochstylen muss… Und das heißt auch noch lange nicht, dass jeder der nicht Punk ist mein Todfeind ist…. Again: Jeder wie er will….
Oder um es mit den Dead Kennedys zu sagen:
Punk ain’t no religious cult, Punk means thinking for yourself!
You ain’t hardcore when you spike your hair while a jock (Spießer) still lives inside your head!
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Kalle: Die Besorgten Bürger würden links-orientierte Menschen heute als Systemlemming bezeichnen.
Philipp: Ja klar, weil diese Typen ja auch solche Rebellen sind (Muahahaha *Schenkelklopf*). Sie sollen lernen das System dafür zu hassen, dass es Menschen unterdrückt und unter unnötige Zwänge setzt, dann nehme ich das vielleicht ernst. Soll ich jetzt homophob, Frauenfeindlich und Ausländerfeindlich werden nur weil Wokeness gerade der Kurs des Systems ist? Was für ein Poser wäre ich? Hauptsache zu den Außenseitern gehören um jeden Preis, oder wie?…. Eben solche Aussenseiter, die aber trotz ihrer ach so rebellischen und kantigen Attitüde von der Welt weniger Plan im Sack haben, als so manch ein zehn jähriges Kind.
Kalle: Wie erlebst du das Verhältnis zwischen Punk und anderen Subkulturen wie Metal, Hardcore oder Gothic? Gibt es Überschneidungen oder eher Konflikte?
Philipp: Besonders die drei genannten, wobei Hardcore mit Punk ja sehr verwandt ist und es auch Parallelen im Thrash Metal gibt, Subkulturen geben sich, wie angedeutet, ständig gegenseitig die Klinke in die Hand. Warum nicht einfach zusammenhalten….
Kalle: Wie reagierst du, wenn Leute dich als „Punk-Poser“ bezeichnen, nur weil du nicht ihrem Bild von Punk entsprichst?
Philipp: Das geht mir ziemlich an meinem heißen Arsch vorbei…. Ich trage ironischerweise den Badge: Ich war vor dir ein Punk…. Natürlich ist dieser mit einem Augenzwinkern zu verstehen, aber er spielt genau auf solche Situationen im Allgemeinen an.
Kalle: Welche Bands oder Alben haben dich am meisten geprägt und warum?
Metal & Rock:
Anthrax, Iron Maiden, Metallica, Judas Priest, Warlock, Accept, Static-X, Twisted Sister, Kiss etc.
Punk:
Slime, Dead Kennedys, The Vandals, Conflict, Normahl, Crass, Flux Of Pink Indians, Circle Jerks, Discharge, G.B.H, The Adicts, The Plasmatics, Toxoplasma, Bad Brains, Nina Hagen, Misfits, Alarmsignal, Hass, Dritte Wahl, Vier Meter Hustensaft – kann ich aufhören? Das sprengt sonst den Rahmen
Kalle: Was hältst du von der Verbindung zwischen Punk und anderen Genres, z. B. Elektro-Punk, Rap-Punk oder sogar Pop-Punk?
Philipp: Spannend. Habe Electro mit Punk selbst gekreuzt als Musiker – Cyberpunk…. Pop-Punk. Alá Green Day und co?…. mhm irgendwie widersprüchlich…. Aber wem’s gefällt…. Auch wieder so ein Beispiel für Gesellschaftliche Diskrepanz…. Green Day werden verehrt…. blablabla
Kalle: Hören Punks also nicht nur Punkmusik?
Philipp: Was? Nein woher denn! Mein Freund und A&R und Bassist von Vier Meter Hustensaft Andreas würde hier jetzt einen Lachanfall kriegen. Der hat eine der größten Schallplattensammlungen, die ich je gesehen habe. Ein ganzes Kallax-Regal voll mit Hard Rock, Metal, der unterschiedlichsten Subgenres und Punk, ja sogar ruhigere Sachen. Mein Guilty Pleasure wäre da der New Wave der 80er…. Höre sogar gerne die Elektropioniere von Kraftwerk, oder The Cassandra Complex, The Sisters Of Mercy an. Oder Vangelis ….
Kalle: Man bezeichnet dich als Bär. Andere bezeichnen dich als Bär im Punkpelz. Was hat es mit Bär auf sich?
Philipp: Bären sind behaarte, kräftige, bärtige Männer in der schwulen- und bi-szene. Auch ein Kreis in dem ich mich bewege. – WOOF…. Mein Mann und ich sind beides Bären sozusagen.
Kalle: Wie hast du gemerkt, dass du schwul bist?
Philipp: Schon als Teenager. Mein erstes Mal hatte ich tatsächlich mit einer Frau, aber dennoch haben mich Männer immer mehr „Interessiert“. Ich schob meine erste Errektion auf den geilen Lörres den ich da sah zunächst auf einen Hormonschub den man als Teenager hat…. Auch hier wieder Vorurteile und Klischees der Gesellschaft sorgten dafür, dass ich mich niemandem anvertraute meinem Papa auch nicht. Bei dem wurde ich 2011 geoutet (von tratschenden Menschen). Mein Vater meinte aber, „das ist mir doch scheiß egal, ob er einen Mann oder eine Frau liebt, ich will das mein Sohn glücklich ist“.
Kalle: Wie haben eure Eltern auf die Punkkultur reagiert?
Unsere Eltern dachten wir seien Freaks, ABER: Auch meinen Punk Way of Life nachdem ich es ihnen endlich mal erklären durfte, dass die Vorurteile gar nicht wahr sind, ihnen Literatur zum Thema Punk vorlegen durfte, und die Vorurteile besonders nicht bei uns Punks greifen können und das es Idioten überall gibt die leider immer auffallen, hat ihn am Ende gelehrt seinen Sohn so zu akzeptieren, wie er ist und seitdem haben meine Eltern und ich ein sehr gutes Verhältnis. Ich selbst würde ihnen am liebsten ihren Lebensabend verschönern und ihnen Geschenke machen noch und nöcher… Mama würde mir aber die Hölle heiß machen.
Kalle: Krawallmacher und Vollidioten gibt es ja auch bei Fußballfans, warum sollte das da dann individuell sein?
Philipp: Genau und trotzdem sind viele auch Fußballfans und nicht jeder davon ein Hooligan, so what? Ich weiß wer ich bin, was ich tue und nie tun würde ….. Schubladen gehen mir und all meinen Freunden auf die Goldnüsse.
Kalle: In den 1980er Jahren wurde Punk in Deutschland aber auch zunehmend aggressiver
Philipp: Wundert dich das? Du bist älter als ich, du solltest es wissen. Ich habe nur zwei Jahre davon erlebt (leider). Aber in den 1980ern erreichte der Kalte Krieg seinen Höhepunkt: Atomares Wettrüsten, Drohungen, den roten Knopf zu drücken, TV-Sendungen und Instruktionen für die Bevölkerung – was zu tun ist im Falle eines Atomangriffs. Woher glaubst du wohl, kommt der Begriff „No Future“?
Kalle: Von den Sex Pistols
Ursprünglich Ja! Dabei ging es in den 1970ern jedoch noch um die wirtschaftlichen Krise Großbritanniens, hoher Arbeitslosigkeit und gesellschaftlicher Frustration. Später wurde der Begriff dann mit der nuklearen Bedrohung durch das internationale Wettrüseten assoziiert.
Jugendliche waren frustriert, wütend auf die Weltregierungen und hatten Angst, dass sie keine 30 werden, weil die Nukes hochgehen. Was erwartet man da? Nicht nur Punks hatten diese Furcht. Noch vor 1990 sahen viele sich bereits im Feuerschimmer am Himmel verglühen oder dem Strahlentod entgegensehen.
Und doch fiel Fließentisch-Frank und Stricknadel-Sandra nichts besseres ein, als über die „bösen, bösen bunthaarigen Paradiesvögel“ zu jammern. Dabei wären der Haarverlust oder die zerfetzte Kleidung wohl das geringste Problem gewesen nach einem nuklearen Anschlag….
Und wir sind heute wieder kurz davor, der Russendiktaktor hat ja schon gedroht seine Nukes einzusetzen, wenn nötig….
Kalle: Glaubst du das manche Punks sich vielleicht deswegen Löcher in die Haare rasierten?
Philipp: Interessante, steile These. Sobald man nuklear verseucht ist fallen einem tatsächlich die Haare zunächst Strähnchenweise aus….
Kalle: Was hälst du von Kommunismus? Der DDR?
Philipp: Ist genauso scheiße wie Nationalsozialismus
Kalle: Also kann man sagen das Punk im Kern für Gerechtigkeit, Nonkonformität, gegen Menschenhass in jeweiliger Form steht?
Philipp: Bingo! Punkt!
Kalle: Angenommen ein Kind im Supermarkt möchte sich Süßigkeiten kaufen, ihm fehlen aber drei Euro, würdest du ihm das Geld geben?
Philipp: Würde? Hab ich schon gerade erst vor ein paar Monaten. Ein Junge, der sich einen Teddybären kaufen wollte, ihm fehlten fünf Euro, ich hinter ihm an der Kasse zücke den Schein und drück ihn der Kassiererin in die Hand
Kalle: Rennen Punks durch die Fußgängerzone und hauen alte Ömmachen vom Rollator?
Philipp: WENN es welche gibt die das tun, sind es Wichser und in meinen Augen keine Punks…. Sorry Nein. Leute wie die meinen, oder meine Wenigkeit helfen alten Omas eher. Ich habe einer alten Frau bei uns im Ort immer die Einkäufe nachhause getragen…. Ich böser böser Junge bin ich was? Stattdessen sah ich ach so brave, parfümierte „Mamas good boys“ die diese Frau beleidigt haben. So ist der Kontakt entstanden zu ihr, nachdem ich den Jungs die Leviten gelesen habe.
Kalle: Das heißt wenn Menschen grundlos von Punks angepöbelt werden…..
Philipp: Sind das alles, aber keine Punks…. Meine Jungs und Mädels, Egal ob Andy, Phil, Dirk, Thimo, Pinhead, Donald, Otte, Ela, wir verachten diese „Pisskinder“ zutiefst. Und wenn ihnen das Ganze dann zu heiß wird, wechseln sie schnell die Klamotten und sind frei raus. Wir baden es dann aus. Ich habe nur zurückgepöbelt, wenn mich einer der angeblich moralisch überlegenen “Spießbürger“ zuerst angepöbelt hat, was erstaunlich selten vorkommt….
Kalle: Du bewegst dich zwischen den Gruppen, fast schon spalterisch…. Eine Art der Vielfalt?
Philipp: Wie du weißt, ist die Subkultur meine Heimat. Punk ist meine Lebenseinstellung. Aber ich fühle mich auch unter Metalheads sehr wohl. Punk und Metal sind sich in sofern ähnlich, dass sie einst die Außenseiter waren, dass es um mehr als nur Musik ging und dass sie eigentlich alles andere als Verurteilend, oberflächlich und Spießig sind. In Metal geht es wie auch im Punk um Akzeptanz, Toleranz und ein Miteinander.
Kalle: Große Events, oder eher kleine Konzerte?
Philipp: Definitiv letzteres…. Ich mag die fast schon familiäre Atmosphäre eines Clubs lieber als die einer riesigen Halle….
Kalle: Philipp, wenn man dich Privat kennt weiß man, dass du sehr Kinderfreundlich und Tierlieb bist, besonders Hunde fahren auf dich ab eine Liebenswürdige Eigenschaft.
Philipp: Normalerweise würde ich das gerne meine bessere Hälfte dazu aussagen lassen, aber es ist schon richtig. Hunde fahren voll auf mich ab. Sie schauen stellenweise nichtmal mehr ihre Herrchen und Frauchen mit dem Arsch an, wenn ich in der Nähe bin. Siehe den Hund meines Schwagers, der übrigens auch ein alter Punk ist, diese Maus ist total verrückt nach mir und wehe mir käme ein anderer Hund zu nahe, das gefällt ihr so überhaupt nicht. Mein Kerl macht schon Witze, einmal bellte über 5 Minuten ein Hund vor seinem Fenster. Also reißt er das Fenster auf und sagt: Du der Philipp ist nicht da, der kommt erst wieder in ein paar Wochen. Als dann der Hund indem Moment still war, hat es Geo fast zerrissen vor lachen.
Kalle: Was können wir in der Zukunft von dir Erwarten?
Philipp: Neue Musik natürlich aus den Unterschiedlichsten Sparten und auch was eigenes 😉
Kalle: Möchtest du noch jemanden Grüßen?
Philipp:
Meinen überalles geliebten Mann Geo Hilse
Meine Familie, Mama, Papa, meine Geschwister Corina, Bianca, Jasmin, unsere Nichten und Neffen, Lilly, Lea, Till-Jonas, Elias, meine Schwiegerfamilie: Meine Schwägerin Ariane ihren Mann Hakan, meine Schwägerin, Ronja deren Mann Andreas, Meinen Schwager Ulf, dessen Lebensgefährtin Claudia, meinen Schwager Markus, seine Frau Moni, dessen Tochter Emilia, meinen Schwager Aaron,
Hannes Ritl, meinen A&R und Rechte Hand, seine bezaubernde Frau Mary, Andreas Wagner, A&R und Linke Hand, seine wundervolle Frau Ela, Frank Kelch, dessen Lady Claudia, A&R und ebenfalls Linke Hand, Die Punks, Metalheads, Gothics, Deutschlandweit und in Österreich, die Düsseldorfer und Wuppertaler Punkszene, Philipp, Dirk, Peter Panda, Thiemo, Marcus Haefs (genannt Opa) von den Dead Dates, Martin „Otte“ Oertel von Blattturbo, Benedikt „Donald“ Rietzel, Manfred Schwarz, Zuppel, Samuel, Dominik, Mike Vogel, Dakota. Mike Vogel, Joscha Schmottlach
Die Bärchen Deutschlandweit
Meine Musiker natürlich, Meinen Patenonkel Andreas, dessen Schwester Claudi und ihren Mann, die Damen in der Floristik und die Damen und Jungs in der Gärtnerrei.
Und alle die ich hier jetzt vergessen habe zu erwähnen.
Kalle: Noch ein letztes Wort:
Philipp: Räuspert sich und stimmt ein Liedchen an: