Seit ihrer Gründung im Jahr 2018 in Mainz haben sich Pinch Black Schritt für Schritt aus dem Underground zu einer der spannendsten Epic-Death-Metal-Bands des Landes entwickelt. Mit jedem Album haben sie ihren Sound verfeinert, ihre Themen vertieft und ihre technische Raffinesse weiter ausgebaut. Nach „Serenity“ (2023), das bereits für Aufsehen sorgte, folgt nun mit „Dystopian Times“ ein Werk, das die düstere Seite der menschlichen Seele ebenso beleuchtet wie die epische Kraft des Neuanfangs.
Im Interview sprechen Pinch Black ihre Entwicklung, den Entstehungsprozess des Albums, die Symbolik hinter den neuen Songs – und darüber, warum selbst in dystopischen Zeiten Hoffnung mitschwingt.
Wie hat sich die Band seit ihrer Gründung im Jahr 2018 in Mainz musikalisch und persönlich weiterentwickelt?
Musikalisch sind wir definitiv verändert und gewachsen. Von unseren Anfängen im Industrial Bereich, sind wir zunächst in eine eher klassische Deathmetal Richtung mit klaren Black Metal Einflüssen gerutscht. Anschließend wurden die Black Metal Elemente weniger und die Musik nahm eine technische Komponente an. Mit der Serenity fanden wir uns dann in unserem Epic Death Metal Style, jedoch ohne die technischen Elemente und die Dystopian Times kombiniert nun das alles miteinander in einen vollständigen Guss.
Persönlich haben wir uns natürlich auch entwickelt. Wir haben ein paar Bandkollegen gewechselt und wurden eine Band aus Freunden und Familie. Derzeit besteht die Band aus mir (Laura), meinem Vater (Burkhard), meiner Frau (Janine), unserem besten Freund und Trauzeugen (Stephan) und unserem liebsten Chef Drummer Rafael, welchen wir genauso ins Herz geschlossen haben. Wir sind also ein recht süßer Haufen, im Kontrast zur Musik.
Welche Bedeutung hatte die Zeit zwischen „Serenity“ und „Dystopian Times“ für euch als Künstler und Freunde?
Es war musikalisch, wie persönlich ein Reifeprozess. Wir wussten immer mehr wo wir künstlerisch hinwollten und uns wurde auch immer klarer was wir nicht wollen: Uns in eine Schublade stecken lassen. Wir wurden immer wieder gefragt, was wir eigentlich jetzt wären, „Melodic Death Metal“ oder was anderes. Wir sind stolz drauf sagen zu können: „Keine Ahnung! Findet es heraus.“ Daher auch das „Epic“ in der Bezeichnung.
Wie würdet ihr den kreativen Prozess beim Schreiben und Arrangieren der Songs auf „Dystopian Times“ beschreiben?
Fast alle Songs auf dem Album kamen von mir (Laura), was recht unüblich ist. Normalerweise schreiben wir alle Songs und bringen uns zusammen. Ich hatte eine Hyperfokus Phase im Sommer vor einem Jahr und habe ein ganzes Album am Stück geschrieben. Da das in einem Bandkontext mit 5 fähigen Künstlern recht egoistisch wäre haben wir diese Songs über ein Jahr lang verfeinert, jeder hat seine Parts angepasst und geschmiedet. Bass und Drums haben komplett eigene Parts geschrieben. Dann haben wir alle Songs im Proberaum geübt, um sie „live“ zu hören, bevor wir überhaupt in die Nähe eines Mikrofons kamen. Wir sind sehr zufrieden mit der Methode.
Gab es einen bestimmten Moment, an dem euch klar wurde, dass dieses Album düsterer und zugleich epischer werden würde als eure bisherigen Werke?
Nachdem das Drumrecording durch war und ich den ersten Mix in die Gruppe geschickt hatte, war uns klar: „Holy shit, das hat potenzial.“
Was steckt thematisch hinter dem Opener „The Duel“ – ist es nur eine Geschichte über Dämonen oder steckt darin auch ein symbolischer Kampf zwischen inneren Kräften?
Burkhard / Vocals : Das zu beurteilen überlasse ich den Hörern (haha). Inhaltlich geht es ja um einen Kampf zweier Dämonen, die am Ende nach einem epischen Kampf sich gegenseitig töten. Es gibt keine Gewinner. Ich mag es, wenn sich der Hörer seine eigenen Schlüsse und Interpretationen aus dem Song zieht. Aber es darf auch einfach nur geil sein ohne Tiefgang (haha).
In „Monsters“ wirkt die Atmosphäre fast filmisch – was hat euch zu diesem intensiven, albtraumhaften Sound inspiriert?
Die alten Klassiker wie King Diamond, Children of Bodom und sämtliche Black Metal Klassiker haben uns inspiriert den Klang umzubauen. Ursprünglich war der Mainriff „einfach ein weiterer Death Metal Riff“.
„The Reaper“ wirkt sehr introspektiv – reflektiert der Song für euch persönliche Erfahrungen mit Vergänglichkeit oder Verlust?
The Reaper ist ein Song, welchen ich (Laura) damals in einer anderen Band geschrieben habe. Er wurde aus Frust und Wut geschrieben und war damals deutlich roher. Die Wut ist inzwischen verflogen. Dadurch wurde der Song etwas verspielter, dramatischer, mit einem Hauch an Licht am Ende vom Tunnel. Der Riff ist allerdings bewusst schneller und heftiger als die ursprüngliche Version. Während diese fast nur aus Triplett bestand, habe ich hier einige Rudimente in der Rechten Hand untergebracht, sodass es beinahe wie Maschinengewehrfeuer klingt. Den Hintergrund kann man sich heutzutage vielleicht denken.
Wie wichtig ist euch das Erzählen von Geschichten in euren Songs – seht ihr euch eher als Musiker oder als musikalische Erzähler?
Wir sehen uns letztlich alle als Künstler. Jede/r von uns ist bestrebt ein Gesamtbild zu erzeugen, statt einfach Musik zu machen. Daher ist uns neben der eigentlichen Musik unser Merch, Artwork und Onlinepräsenz mindestens genauso wichtig. Das jetzige Album wurde auch zum Konzept – Album, weil wir uns so gerne an einem Thema abarbeiten.
Wie entstand die Idee zu „Ghoul“ und welche Bilder hattet ihr beim Schreiben dieser makabren Geschichte im Kopf?
Burkhard/Vocals: Ich arbeite sehr viel mit Bildern, einer Filmkulisse in meinem Kopf (haha)….Ich muss mir erst eine Atmosphäre aufbauen, bevor ich starten kann zu schreiben. Ich wollte eine Bitter Sweet Story im Style von Tim Burton erzählen. Der Ghoul als abgrundtief böse in Kombination mit dem Tanz (in den Tod) fand ich sehr bildgewaltig und interessant.
„Necromancer“ klingt außergewöhnlich modern und fast industrial – war das eine bewusste stilistische Erweiterung oder ergab sich das im Studio spontan?
Tatsächlich besinnt sich Neuromancer klanglich nochmal sehr auf unsere Anfänge im Industrial. Daher war er von vornherein mit diesem Sound geplant.
Bei „Shadows“ spürt man eine starke emotionale Dichte – wie gelingt es euch, solche Stimmung musikalisch einzufangen, ohne dass es überproduziert wirkt?
Beim Songwriting arbeiten wir mit vielen vielen Layern, sowohl in den Gitarren, aber auch in den Synths. Wenn es zu viel wird, lässt sich schnell herausfinden, an welcher Stelle es „zu viel“ wurde.
Ansonsten hilft aber nur eine klare Vorstellung davon zu haben, wo man hinmöchte. Ich (Laura) habe eine klare Idee wo ich mit einem Song emotional hinmöchte, bevor ich den ersten Riff geschrieben habe.
Der Song „Skinwalker“ greift auf Mythologie zurück – seht ihr darin Parallelen zu realen Themen wie Identität, Wandel oder Selbstverlust?
Burkhard/Vocals: Ja, zum einen erzählt der Song von Skinwalkern, die wie der Ghoul, das Böse verkörpern. Aber der Song erzählt auch davon, warum das so ist und was passiert, wenn man sich verwandelt. Und auf einmal bekommt man Empathie mit dem Skinwalker und entdeckt vielleicht Teile von sich selbst in ihm. Die Haut, die wie eine Maske abfällt und nur Schmerz zurückbleibt…der Refrain als solches ist sehr bildgewaltig. Hier wird die eigentliche Verwandlung beschrieben…Ein Sterben…bevor wieder ein neuer Tag anbricht…
„Whales in the Clouds“ bildet ein gewaltiges Finale – war dieser Song von Anfang an als Abschluss geplant oder ergab sich das im Laufe der Produktion?
Das erste was für mich bei diesem Song stand, war das Wiederaufgreifen des Intro der „Exorcism“. Es war für mich (Laura) von Anfang an wichtig, dass dieser Song am Ende steht und den Abschluss einer musikalischen Reise für mich definiert.
Wie sehr beeinflusst euer gemeinsames Zusammenspiel und eure Chemie als Band das Songwriting und die Live-Energie?
Das macht quasi alles aus. Wir vertrauen uns blind und sind auch alle extrem offen gegenüber Änderungsvorschlägen. Ohne diese Gruppendynamik könnten wir den letzten Feinschliff nicht auf dem Niveau halten. Auch live haben wir einfach Spaß miteinander. Keiner steht nur da und konzentriert sich nur auf seinen Part. Wir machen faxen untereinander, performen und genießen die Zeit auf der Bühne.
Gibt es für euch auf „Dystopian Times“ einen Song, der besonders viel persönliche Bedeutung trägt?
Für mich (Laura) war vor allem der Wales in the Cloud wichtig als eine Art Abschluss mit der Musik, die wir noch auf der Exorcism geschrieben und gespielt haben. Es war eine schöne Zeit, aber ich liebe einfach wohin wir uns entwickelt haben und genau das drückt der Song aus.
Welche Herausforderungen hattet ihr während der Produktion von „Dystopian Times“, und gab es Momente, in denen ihr an euch selbst gezweifelt habt?
Um ehrlich zu sein gab es sowas nicht. Wir haben aus den letzten Alben so viel gelernt, wir haben uns immer selbst produziert, sodass wir dieses Mal alle wussten was wir verbessern müssten. Wir haben uns im Vorfeld sehr viele Gedanken zu den Abläufen gemacht und an jeder Stelle unseren Workflow optimiert. Verzweiflung und Herausforderung in dem Sinne gab es dadurch nicht – Wir wussten genau wo wir hinwollen.
Wie blickt ihr in die Zukunft – wohin soll die Reise von Pinch Black nach diesem Kapitel führen?
Im Hintergrund werden natürlich wieder fleißig Songs geschrieben. Der Grundgedanke ist aber klar:“Keine Regeln“. Wir haben unseren Stil gefunden, weil wir uns keine Regeln gesetzt haben, sondern verschmolzen haben, was uns ausmacht. In diese Richtung wird es auch weiter gehen. Da wird bestimmt mal ein musikalischer Ausreißer dabei sein, aber das muss man bei uns aushalten.
Wenn ihr „Dystopian Times“ mit nur einem einzigen Gefühl beschreiben müsstet – welches wäre das und warum?
Melancholie, da es tragische und brutale Geschichten erzählt, jedoch nie vollständig in die Hoffnungslosigkeit abdriftet. Wir machen keinen Grindcore, wenn wir über Blut singen, keinen Suicidal Black Metal, wenn es um diese Themen geht.
Wir Danken Pinch Black für das ausführliche Interview Dystopian Times ist wohlmöglich DAS Epic Death Metal Opus des Jahres 2025. Die Band verdient eine große Zukunft, gebt sie ihr!
Mehr zu Pinch Black im Netz:
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