Aegror katapultieren „Reign of Disease“ in die Dunkelcharts – Blastbeats als Seuchensoundtrack (Musikplaylist) [ Black Metal | Progressive Black Metal | Technical Black Metal ]

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Die deutschen Black Metaller Aegror kehren nach einer langen, von Line-up-Wechseln und der beinahe-Auflösung geprägten Pause mit ihrem selbstproduzierten dritten Album „Reign of Disease“ zurück und legen damit zugleich ein Manifest ihrer künstlerischen Resilienz vor.

erlebt hier das Album Statesman Of The Damned von Aegror

Seit der Gründung 2009 beschäftigen sich die Musiker aus Kerken mit den Abgründen physischer und psychischer Krankheit; auf dieser Platte führen sie ihren erzählerischen Kosmos um die dimensionsfremde Entität Plaguebreeder konsequent fort. Der dichte lyrische Überbau spiegelt reale Krisen, Pandemien und moralische Verwerfungen, ohne je in plakative Gesellschaftskritik abzurutschen. Vielmehr dient er als dunkel schillernde Folie, vor der sich acht Stücke entfalten, die kompromisslosen Black- und Technical-Black-Metal mit progressiver Raffinesse verbinden. Dass Aegror ihr Werk komplett in Eigenregie geschrieben, aufgenommen, gemischt und veröffentlicht haben, verleiht der Platte eine rohe Authentizität, macht aber zugleich deutlich, wie detailverliebt das Quintett – heute im Kern aus Gründungsmitglied Narthaas (Vocals) und Abyssus (Gitarre) bestehend – seine Vision verfolgt.

Athmosphärische Tiefe 

Der Sound von „Reign of Disease“ ist glasklar, ohne die genretypische Atmosphäre einzubüßen. Transparent abgemischte Drums legen ein Fundament aus wuchtigen Double-Bass-Gewittern und rasenden Blastbeats, während die Gitarren zwischen gleißenden Düster-Leads, schweren Black-Metal-Riffs und fein ziselierten Clean-Arpeggios changieren. Bassläufe werden nicht einfach gedoppelt, sondern setzen melodische Kontrapunkte, und gekonnt eingesetzte Effektierungen verleihen vielen Passagen ein sakral-düsteres Flair. Trotz der hohen instrumentalen Komplexität klingt das Ergebnis nie überladen; stattdessen erzeugt die dynamische Produktion genug Luft, damit jeder Tempowechsel – und davon gibt es reichlich – seine volle emotionale Wirkung entfalten kann. Besonders beeindruckend ist der Facettenreichtum von Aegrors Frontmann: gutturale, gellende Screams und gesprochene Passagen verschmelzen zu einer Stimme, die zugleich Erzähler und Protagonist des finsteren Konzepts ist.

Die Songs im Einzelnen

„Statesman of the Damned“ prescht als Opener unmittelbar voran und zeichnet mit peitschenden Riffs das Porträt eines machtbesessenen Politikers; in einem Satz verdichtet, erzählt der Text davon, wie ein korrupter Despot seine Seele dem Plaguebreeder verkauft und dabei erkennt, dass Macht stets den höchsten Preis fordert. Schon hier ist klar: Aegror beherrschen das Wechselspiel aus Raserei und bedrohlicher Stille meisterhaft; nach einer Minute infernalischer Gewalt folgt ein kurzes, unheimlich schwebendes Zwischenspiel, bevor der Sturm erneut losbricht.

„Servant of the Dead“ eröffnet mit leisen Gitarren und pochenden Doublebass-Drums eine Atmosphäre des Unbehagens, ehe das Tempo anzieht. Der Text verdichtet sich in der Aussage, dass ein Leichenbestatter seine Nekrophilie dem Plaguebreeder opfert, um eine unendliche Armee der Toten zu bekommen – ein bitterböser Spiegel menschlicher Gier. Musikalisch beweist die Band hier, dass sie auch mittlere Tempi kontrollieren kann: schwere, fast doomige Akkorde treffen auf flirrende Leads, und ein Chor aus Spoken-Word-Flüchen sorgt für Gänsehaut.

Mit „Traitor of the Innocent“ betreten wir noch grauenvollere Gefilde. Inhaltlich wird in einem Satz beschrieben, wie ein Kindermörder von den Geistern seiner Opfer in den Wahnsinn getrieben wird, bis er sich selbst richtet. Die Komposition beginnt mit cleanen Gitarren in 7/8-Takt, baut über drei Minuten Spannung auf und explodiert dann in eine orgiastische Wand aus Blastbeats und arpeggierten Tremolo-Figuren, die das Gefühl panischer Verfolgung musikalisch greifbar machen.

Der tanzende Mid-Tempo-Einstieg von „Rapist of Minds“ täuscht kurz Gelassenheit vor, doch schon nach zwanzig Sekunden regieren abgedrehte Taktverschiebungen. Lyrisch geht es darum, dass ein Sadist die Psyche seiner Opfer bricht und schließlich selbst von seinen eigenen Gedanken versklavt wird. Besonders hervorzuheben ist der Refrain, in dem das Haupt-Riff in einen dissonanten Tritonus kippt – ein musikalisches Sinnbild für geistige Deformation.

Nahtlos folgt „Deceiver of Faith“, dessen Text in einem Satz davon erzählt, wie ein Priester seine Gemeinde mit vergifteter Kommunion dem Plaguebreeder ausliefert und so den Kern jeder Religion pervertiert. Hier verschmelzen sakrale Chor-Samples mit schwarzen Riff-Gewittern, während das Schlagzeug zwischen Triolen-Groove und Blastbeat pendelt. Das resultiert in einem verführerisch diabolischen Stück, das sakrale Erhabenheit und infernalische Finsternis kongenial vereint.

„Judge of Injustice“ präsentiert sich als dramaturgischer Höhepunkt im Mittelteil: Eine Richterin, süchtig nach Macht, wird zur willenlosen Vollstreckerin des Plagebringers – so der Text in einem Satz. Musikalisch beeindruckt der Song durch plötzliche Stopp-Riffs, die wie Hammerschläge wirken, und durch ein melodisches Gitarrenduo, das kurz an klassisches Heavy-Metal-Zwillingsspiel erinnert, bevor es wieder in dissonante Läufe abstürzt.

Der Titeltrack „Reign of Disease“ vereinigt noch einmal alle Themen des Albums. In einem Satz beschreibt der Text die vollendete Herrschaft der Seuche, welche Religion, Politik, Recht und Geist vollständig unterwirft. Über fast acht Minuten entwickelt sich ein episches Panorama aus majestätischen Akkorden, sanften Clean-Passagen und einer finalen Blastbeat-Eruption, die wie ein apokalyptischer Sturm über das Klangpanorama fegt. Dabei gelingt es Aegror, trotz aller instrumentalen Virtuosität einen eingängigen Refrain zu platzieren, der live zweifellos für erhobene Fäuste sorgen wird.

Beschlossen wird das Werk von „Metamórphōsis“. Hier kulminiert der Erzählstrang in der Metamorphose eines Soldaten zum Plaguebreeder-Diener. Der Text lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Ein kriegstraumatisierter Kämpfer verliert seine Menschlichkeit vollständig und wird zum lautlosen Überträger der Seuche. Musikalisch liefern die Kerken-Metaller ein Wechselbad aus sphärischen Gitarren, martialischen Double-Bass-Kaskaden und halsbrecherischen Taktarten; besonders der Schluss, in dem alle Instrumente nacheinander verstummen, während ein klagendes Lead-Motiv verklingt, sorgt für dauerhafte Beklemmung.

Konzept und Textinterpretation

Obwohl jeder Track für sich stehen kann, entfaltet „Reign of Disease“ seinen vollen Reiz erst als Konzeptalbum: Die acht Protagonisten – Politiker, Leichenbestatter, Kindermörder, Psychiater, Priester, Richterin, die Menschheit und der Soldat – stellen die sieben Seelen plus das Kollektiv dar, die der Plaguebreeder in Besitz nimmt, um unsere Realität zu übernehmen. Jede Figur verkörpert einen anderen Aspekt gesellschaftlicher Verfehlung: Machtgier, Enthemmung, Gewalt, Manipulation, religiösen Fanatismus, Justizwillkür und Militarismus. So entsteht ein Spiegel, in dem sich der Hörer unweigerlich selbst erkennt. Die knappe Zusammenfassung jedes Textes genügt, um die erzählerische Klammer zu verstehen; gleichzeitig laden die detailreichen Lyrics dazu ein, tiefer zu graben und eigene Schlüsse zu ziehen.

Unsere Wertung:

9 von 10 Metalhands

Unser Fazit:

Mit „Reign of Disease“ beweisen Aegror, dass sich technischer Anspruch, emotionale Wucht und erzählerischer Tiefgang keineswegs ausschließen. Die Platte besticht durch ein kristallklares, aber ungeschöntes Klangbild, anspruchsvolle Arrangements und eine konzeptuelle Geschlossenheit, wie man sie in der extremen Metal-Landschaft nur selten findet. Wer auf kompromisslosen Black-/Technical-Death-Metal mit progressiver Note steht, bekommt hier ein Album, das den Spagat zwischen brachialer Aggression und kompositorischer Finesse mühelos meistert. Nach über 50 Minuten bleibt nicht nur das bedrückende Gefühl eines dystopischen Endzeit-Epos zurück, sondern auch die Erkenntnis, dass echte künstlerische Vision selbst widrigste Umstände überdauert. Aegror haben sich mit diesem Werk ein Denkmal gesetzt, das in seiner düsteren Pracht noch lange nachhallen wird.

Mehr zu Aegror im Netz:

Aegror bei Facebook:
https://www.facebook.com/aegrorofficial

Aegror bei Spotify anhören:
https://open.spotify.com/artist/3EfhASmrHghSWaR7FftZTb

Aegror bei Bandcamp:
https://aegror.bandcamp.com/

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