Vier Meter Hustensaft: Gegen die Missstände der Welt – Einblicke hinter die Kulissen im großen Interview (Playlist) [ Punk | Punkrock | Deutschpunk ]

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Aktuell zählen sie zu den heißesten Acts der deutschen Punkszene:
Vier Meter Hustensaft. Vorgestern haben sie ihre neue EP „Kein Vergeben Kein Vergessen“ über das hochmotivierte Independent-Label NRT-Records veröffentlicht und bereits im Vorfeld für Aufsehen gesorgt. Tausende Klicks auf YouTube, unzählige Streams auf allen Plattformen – und eines steht fest: Sie räumen frei Schnauze mit den Missständen der Welt auf. Wir haben uns mit Gitarrist Philipp „Phil“ Altenhofen getroffen, um einen spannenden Blick hinter die Kulissen der Band um die charismatischen Frontfrau Yvonne „Yve“ Wagner zu werfen.

Schaut die Clips und hört die Songs der Kein Vergeben Kein Vergessen EP von Vier Meter Hustensaft hier kostenlos in voller Länge an!

Hallo Vier Meter Hustensaft! Wie geht es euch? Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt.

Hi! Gitarrist Phil hier, danke, mir geht es super! Und die Zeit nehme ich mir natürlich gerne 😉

Euer Bandname „Vier Meter Hustensaft“ hat eine interessante Entstehungsgeschichte. Könnt ihr uns mehr darüber erzählen?

Der Bandname ist tatsächlich bereits zwei Jahre älter als die Band selbst 🙂 Meine Tochter (damals knapp 4) war krank und hat mir stolz erzählt, dass der Arzt gesagt habe, sie müsse VIER METER HUSTENSAFT nehmen. Da war sofort klar: Sobald ich wieder in einer Band spiele, muss das der Name sein.

Wie habt ihr die Zeit während des Lockdowns erlebt und wie hat das zur Gründung von Vier Meter Hustensaft geführt?

Die Gründung war im Grunde über das Internet, zwei Wochen vor dem ersten Lockdown. Andy hatte über Facebook einen Aufruf für Mitmusiker gestartet, auf den ich sofort geantwortet habe. Wir hatten gerade ein Treffen verabredet, als der Lockdown uns einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Die Lockdowns waren für alle mega anstrengend, aber wir haben die Zeit genutzt, um zuhause Songs zu schreiben und uns dann gegenseitig hin und her zu schicken.

Euer neues Extended Play „Kein Vergeben, Kein Vergessen“ behandelt gesellschaftliche und geopolitische Themen. Wie wählt ihr die Themen für eure Songs aus?

Die Themen fallen uns praktisch in den Schoß, bei all dem Mist, der gerade so passiert. Einige Songs sind natürlich auch von persönlichen Erfahrungen geprägt. Aber im Grunde reicht es, einmal am Tag die Nachrichten zu sehen, und man hätte genug Themen für ein ganzes Album.

Der Opener „Kein Vergeben“ setzt sich mit den Zwängen der Erziehung auseinander. Was hat euch zu diesem Song inspiriert?

Der Text ist leider von schlechten Erfahrungen im eigenen privaten Umfeld geprägt.

Vier Meter Hustensaft (von Links Nach Rechts):

Philipp „Phil From Hell“ AltenhofenGitarre & Hintergrundgesang
Andreas „Andy“ Wagner Bass & Hintergrund Gesang
Yvonne „Yve“ WagnerLeadgesang
Dirk „Lobster“ LöberSchlagzeug

„Misch Dich Ein“ ist ein kraftvoller Appell gegen Homophobie und Transfeindlichkeit. Welche Bedeutung hat dieser Song für euch, besonders im Kontext des Mordfalls beim CSD in Münster? Gab es persönliche Erfahrungen? Und ist dieser Song Teil einer angeblich übertrieben woken Agenda, wie man es euch unterstellt?

Wir haben an dem Tag, an dem der Mordfall geschah, ein Konzert im Rare Guitar in Münster gespielt. Als wir in den Tagen danach vom Mord erfahren haben, war das für uns alle ein Schock. Wir hatten einen mega Tag in Münster und haben uns extrem gefreut, all die Menschen auf der Straße zu sehen, und dann das.

Jeder von uns war bereits auf einem CSD und/oder entsprechenden Partys, hat homosexuelle Freunde, und jeder von uns findet es zum Kotzen, dass es immer noch Vorurteile, Ausgrenzung und Schlimmeres gegen homosexuelle und transsexuelle Menschen gibt.

Im Internet will man euch Wokeism vorwerfen und behauptet ihr seid Systemarschkriecher….

Wenn uns jemand eine „übertrieben woke Agenda“ vorwirft, dann bitte. Das hält uns nicht davon ab, auf Missstände aufmerksam zu machen und uns FÜR andere Menschen stark zu machen. Wenn sich jemand von einem pro LGBTQI+ -Song getriggert fühlt, sollte er/sie mal auf die eigene Sexualität schauen – soll heißen: über sein eigenes Coming-out nachdenken.

In „Nightbeaver“ thematisiert ihr die Rastlosigkeit des modernen Lebens. Wie wichtig ist euch das Thema der Selbstfindung in einer hektischen Welt?

Sehr wichtig. Die aktuelle Leistungsgesellschaft ist ein Graus. Menschen gehen vor die Hunde, weil sie dem Druck nicht standhalten. Sie verdienen ein kleines Gehalt und die Konzerne machen sich die Taschen voll. Konzerne lügen und betrügen und werden dafür auch noch vom Staat belohnt.

Wie soll man dem allem standhalten, ohne zu sich selbst gefunden zu haben, die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und sich und seiner Familie ein möglichst glückliches Leben zu ermöglichen, ohne zu zerbrechen?

Der Song „Alle Gegen Einen“ setzt sich kritisch mit Konformität und Ignoranz auseinander. Wie spiegelt dieser Song eure Sicht auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wider? Sind hier die ach so rebellischen Querdenker gemeint? Die neuen Rechten?

Der Text ist tatsächlich von Fridays for Future beeinflusst. Es ist kaum zu glauben, wie viele Menschen, meistens Männer, sich davon getriggert fühlen, nur weil ein „paar Kids mir meinen Verbrenner verbieten wollen!“. Die Kids machen einen guten Job, indem sie die Politik dazu bringen, mal über den angerichteten Schaden durch die Förderung der Verbrennerindustrie nachzudenken. Macht es wirklich Sinn, ein Auto mit mehr als 200 PS zu fahren? Macht es wirklich Sinn, Wälder und Orte abzureißen, um Kohle zu verbrennen?

„Hammerschlageffekt“ behandelt den exzessiven Konsum von Substanzen. Was wollt ihr mit diesem Song über Sucht und Flucht vor der Realität vermitteln?

Der Song ist gar nicht von uns, sondern ein Cover der Band „Nonstop Stereo“ aus Krefeld. Mit Sänger Frank (FLOMB) sind wir schon länger in Kontakt, ich (Phil) durfte auf seinem neuen Album auch einen Teil einspielen, sodass wir diesen Song als Dankeschön mit auf die EP genommen haben. ♥︎Danke Frank 🙂

Sagten schon immer klar ihre Meinung – Vier Meter Hustensaft – Hier im Song Niemals Mehr Faschismus.

Wie hat sich euer Sound von der ersten EP „…Also Weiblichen Gesang Finde Ich Ja Eher So Semi“ bis zum neuen Extended Play entwickelt?

Das Songwriting ist im Grunde gleich geblieben, aber wir alle sind natürlich an der Band gewachsen. Nachdem unser erster Drummer Jonas die Band aus zeitlichen Gründen verlassen hat, war Rafa ein halbes Jahr bei uns, bis dann Dirk den Platz am Schlagzeug übernommen hat.

Das hat dazu geführt, dass es jetzt zwar keine Doublebass mehr gibt, wir aber deutlich länger an den Songs feilen. Außerdem haben wir die letzten zwei Jahre dazu genutzt, unsere Aufnahmemöglichkeiten deutlich zu verbessern. Dazu ist Dirk auch noch in der Lage, einen Top-Mix/Master der Aufnahmen zu machen.

Kein Vergeben Kein Vergessen – Titelliste:

  1. Kein Vergeben
  2. Misch Dich Ein
  3. Night Beaver
  4. Alle Gegen Einen
  5. Hammerschlageffekt

Wie entstehen bei euch die Songs? Arbeitet ihr als Band zusammen oder bringt jeder seine eigenen Ideen mit?

Das ist recht unterschiedlich. Aber meist arbeiten wir zuhause vor, stellen dann den Song vor, und wenn alle heiß drauf sind, arbeiten wir den Song dann zusammen aus.

Düsseldorf hat eine reiche Punkgeschichte. Wie fühlt es sich an, Teil dieser Tradition zu sein?

So richtig als Teil der Tradition fühlen wir uns da gar nicht. Große Namen bringen ein großes Erbe, aber wir verzichten lieber darauf und machen unser eigenes Ding 😉

Ihr seid bekannt für eure stimmungsträchtigen Live-Auftritte. Was war bisher euer denkwürdigster Moment auf der Bühne?

Menschen, die mitsingen und nicht mehr aufhören, selbst wenn wir schon an der Theke stehen.

Wie ist die Aufnahme eures Songs „Misch Dich Ein“ von den Fans aufgenommen worden? Gab es Reaktionen, die euch besonders überrascht haben?

Eigentlich durchweg positiv, wir haben uns immer schon für „andere“ stark gemacht, das hat wohl niemanden überrascht! Negative Kommentare gab es nur im Netz, aber wen stört das schon… Meistens von Leuten, die auch nur aus der Distanz das Maul aufkriegen.

Ihr seid eine der ersten Punkbands, die sich während des Lockdowns formiert haben. Hat diese besondere Situation eure Musik beeinflusst?

Nicht wirklich, wir waren nur erst einmal im Homeoffice. Als wir zum ersten Mal im Proberaum standen, hatten wir schon 5 Songs fertig, die auch auf Anhieb funktioniert haben. Beeinflusst hat die Situation letztendlich nur den Titel des letzten Albums „Influenza“, das ein Wortspiel aus dem Grippevirus und den verkaufsorientierten Menschen auf den Social-Media-Plattformen sein soll.

Wollen Dich! Vier Meter Hustensaft – Foto von Cora Stern

Wie erlebt ihr die Punkszene in Deutschland heute im Vergleich zu früher? Gibt es Unterschiede oder bleibt der rebellische Geist derselbe?

Ich denke, der rebellische Geist ist schon noch ähnlich, man schockt nur nicht mehr so. Das Internet ist schlimmer als jede Punkband 🙂

Eure EP „Kein Vergeben Kein Vergessen“ kommt über NRT-Records heraus. Hat sich durch diese Zusammenarbeit etwas für euch verändert?

Unser Bassist Andy meint, dass Philipp von NRT das Beste ist, was uns je passiert ist, und dem kann ich mich nur anschließen ♥︎. Der Kerl treibt uns an, im positiven Sinn. Wir sind Anfang des Jahres in ein kreatives Loch gefallen, aus dem hat er uns rausgeholt. Und natürlich absoluter Wahnsinn, wie viel Energie er in unser Marketing steckt. Dass sich das lohnt, sieht man an den Klicks der beiden Videos und den Streamingzahlen. Das ist schon eine große Veränderung für uns.

Welche Rolle spielen Social Media und Musikvideos in eurer Bandstrategie? Besonders das Lyric-Video zu „Misch Dich Ein“ hat große Aufmerksamkeit erregt.

Eine Bandstrategie haben wir nicht. In der Regel sehen wir Social Media eher mit Humor. Wir nutzen extrem oft Memes, weil es einfach Spaß macht. Ansonsten ist es natürlich viel einfacher, die Leute zu erreichen. Es gibt mehr Menschen am Handy als auf Konzerten.

Wir haben schon zu mehreren Songs ein Video gemacht. „Misch Dich Ein“ behandelt aber ein so großes Thema, dass wir gesagt haben, wir machen da kein klassisches Video. Der Text ist wichtiger als das Bild. Zudem kam das Video zeitlich zu vielen aktiv stattfindenden CSDs raus, damit wollten wir uns noch einmal ganz deutlich positionieren.

Können auch humoristisch Zynisch – Vier Meter Hustensaft räumen mit Instafame mit oberflächlichen Social media influencern auf

Was ist das Ziel von Vier Meter Hustensaft? Gibt es ein größeres Anliegen, das ihr mit eurer Musik verfolgt?

Wir sind keine ausgebildeten Berufsmusiker, die damit massig Geld verdienen. Wir sind alle deutlich über 20 und haben Familie. Wir wollen Konzerte spielen. Wir wollen die Kritik, die wir in unseren Songs üben, an die Menschen bringen.

Welche Shows sind euch besonders in Erinnerung geblieben und warum?

Schwer, das an einem Gig festzumachen. Highlights waren definitiv der Gig in Münster beim Monasteria Records Labelfest, das Punkfest in Leonberg war für uns auch legendär. Aber genauso die Gigs im AZ Wuppertal und viele mehr.

Ihr habt einen Gig mit der legendären Band Toxoplasma geplant. Was bedeutet es für euch, mit einer solch einflussreichen Band aufzutreten?

Träumchen 🙂 Als Sven von Graupause uns gefragt hat, dachten wir erst, er wolle uns auf den Arm nehmenWollte er aber nicht, das hat uns positiv umgehauen.

Was können die Fans von eurem für die nahe Zukunft geplanten Langspielalbum erwarten?

Die gleiche Energie, die gleiche kritische Auseinandersetzung mit dem Hier und Jetzt. Wir geben nicht auf und versuchen weiterhin, auf Missstände aufmerksam zu machen und Menschen die Augen zu öffnen, unter anderem um vielleicht mit zu verhindern, dass Menschen die AfD wählen.

Wie geht ihr mit der Kritik um, die einige eurer Songs in Bezug auf gesellschaftspolitische Themen auslöst?

Kritik interessiert uns eher wenig. Wir können aber gerne mit Fakten und Aufklärung unterstützen.

Ihr setzt euch in euren Texten stark mit der Gegenwart auseinander. Gibt es historische Ereignisse oder Persönlichkeiten, die euch ebenfalls inspirieren?

„Niemals mehr Faschismus“ sollte für sich sprechen. Der Hintergrund bei „Kein Vergeben“ bezieht sich auf die prägenden Jahre in der Kindheit/Jugend. Das liegt bei uns auch schon etwas zurück 🙂

Was sind eure musikalischen Vorbilder? Habt ihr Künstler oder Bands, die euch besonders geprägt haben?

Nicht direkt als Band, aber jeder von uns vieren hat individuell Künstler und Bands, die ihn geprägt haben. Wir haben uns aber nie gesagt: „Wir wollen aber so klingen wie XYZ“, da kochen wir lieber unsere eigene musikalische Suppe.

Wie sieht der kreative Prozess bei euch aus, wenn es darum geht, Songtexte und Melodien zu entwickeln?

Meistens schreiben wir erst den Song, danach den Text. Das hat sich bei uns ganz gut bewährt. Wenn alles steht, nehmen wir den Song als Rohmix auf und hören das dann immer wieder, bis wir alle damit fein sind. Wenn etwas stört, wird’s geändert.

Was möchtet ihr den Hörern durch eure Musik mitgeben und wie sollen sie sich fühlen, wenn sie eure Songs hören?

Steht auf, wenn ihr etwas Ungerechtes seht, versteckt eure Meinung nicht, seid lieb zueinander und versucht, im Leben möglichst viel Spaß zu haben. Und wählt keine rechten Parteien.

Die letzten Worte gehören euch, wollt ihr noch etwas mitteilen?

WENN BEI EUCH WAHLEN SIND, GEHT HIN UND WÄHLT NICHT DIE AFD. NUR SO KÖNNEN WIR ALLE VERHINDERN, DASS DIE DEMOKRATIE UND DER SOZIALSTAAT VOR DIE HUNDE GEHT.

Mehr zu Vier Meter Hustensaft im Netz:

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Vier Meter Hustensaft bei Spotify anhören:
https://open.spotify.com/artist/3GQVh67CO7JepBNHEowLOo

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